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HERZKLOPFA Tourismusmagazin 1/2015

an einer alten Handelsstraße, die von Augsburg bis nach Italien führte, wurden an der Grenze zwischen dem Gebiet der Reichs- stadt Ulm und dem Helfensteiner Land nicht nur Zölle fällig – der Albaufstieg machte auch ein Umspannen der Pferde erforder- lich.“ Für die Einheimischen war der Boxenstopp ein hervorra- gendes Geschäft, denn die Händler aßen, tranken und über- nachteten – entsprechend hoch war die Anzahl der Wirtshäuser. Und hier vor Ort wurde auch das Bier produziert. „Als es noch keine elektrischen Kühlmöglichkeiten gab, konnte der Gersten- saft nicht lange gelagert und transportiert werden“, so Ulrich Kumpf, „also wurde er dort gebraut, wo er verbraucht wurde!“ Aus den Weihern im Rohrachtal oberhalb der Stadt wurden im Winter Eisblöcke für die Kühlung gesägt. Allerdings reichten die- se nicht für den Bier-Durst aller Einwohner und Gäste aus. Also produzierten die findigen Brau-Wirte das Eis einfach selbst. An schattigen, besonders kalten Lagen des Albtraufs wurden große Holzgestelle errichtet. Sie verfügten über Wasserleitungen mit Düsen – ähnlich einer Sprinkleranlage. Hier bildeten sich Eis- zapfen, die mit der Zeit zu einer Länge von zwei bis drei Me- tern anwuchsen. Sie wurden abgeschlagen, in den Eiskellern zur Kühlung des Biers verwendet und als „Stangeneis“ für die Belie- ferung der Gastwirtschaften eingesetzt. Tradition mit Winterbier und Frühlings-Märzen Doch der Einfallsreichtum damaliger Bier-Produzenten konnte nichts an den Jahreszeiten ändern: Im Frühling wurde es warm, das Eis schmolz, was die Lagerung erschwerte. Auch der Brau- vorgang konnte nicht mehr so kühl durchgeführt werden wie eigentlich erforderlich. „Im Sommer gab es keine klassischen Biere, sondern nur leichte Varianten mit relativ wenig Alkohol“, erklärt Kumpf. „Diese wärmer vergorenen Produkte nennt man obergärig, weil die Hefe nicht nach unten sinkt.“ Das hatte Fol- gen für das Aroma, und so freute man sich auf die kalte Jahres- zeit, wenn wieder kernig gebraut werden konnte – das ersehnte kräftige „Winterbier“, das vor elf Jahren wieder eingeführt wur- de. Weitere saisonale Schmankerl sind das Frühlings-Märzen und das Maientagsbier für Göppingens fünfte Jahreszeit. „Damit bewahren wir traditionelle Rezepturen“, so der Braumeister, „und die Leute freuen sich über die Abwechslung.“ Inzwischen hat die Besuchergruppe die Abfüllanlage in Augen- schein genommen, und nun fiebern die Gäste der Verkostung entgegen. „Vor zwei Jahren haben wir neben der klassischen Brauerei-Führung etwas Neues eingeführt“, erzählt Ulrich Kumpf. „Bier mit Biss“ nennt sich das Format, in jeder Abteilung gibt es etwas zu probieren. „Wie wäre es zum Beispiel mit Spare Ribs in Dunkelbier-Marinade?“ Alles ist Fingerfood und hat einen Bier-Anteil. „Als Aperitif gibt es mitunter einen Weißbier-Hugo – mit Minze und Holundersaft – wahlweise auch alkoholfrei“, emp- fielt der Chef, „ohne Sekt, das geht wunderbar mit Bier!“ Rund 150 Führungen finden jährlich in der Kaiser-Brauerei statt. Firmen, Vereine oder Seniorengruppen – die Tendenz ist stei- gend. Und der Einfallsreichtum kennt keine Grenzen: Ob Ge- burtstag, Jubiläum oder Junggesellenabschied – eine Brauerei- Führung lässt sich auch verschenken. Hinzu kommen Besucher, die bei der Stadt Geislingen oder der Schwäbischen Landpartie gebucht haben. „Die Gästeführerinnen frequentieren uns regel- mäßig“, freut sich Kumpf, „wir sind nicht nur Programmpunkt, sondern krönender Abschluss einer Themen-Führung durch die Stadt.“ Dem Familienbetrieb ist das Schaulaufen durchaus wich- tig, werden doch auf diese Weise Kontakt und Austausch mit den Kunden gepflegt, die regionale Produkte zu schätzen wissen. Während Günter Heckmann seine „bierselige“ Gruppe am Tor verabschiedet, macht sich Ulrich Kumpf zum Rundgang auf, um die Gebäude abzuschließen. „Mit der Brauerei sind mein Bru- der und ich aufgewachsen“, blickt er zurück, „unser Vater nahm uns als Kinder oft mit zu Kunden – wir waren viel unterwegs.“ Schon immer hatte der „Brauer mit Leib und Seele“ seine Freude an den natürlichen Rohstoffen, der gewissenhaften Herstellung und der Sorten-Vielfalt: „Trotz veränderter Marktbedingungen ist meine Leidenschaft unverändert – Bier ist ein liebenswertes Pro- dukt.“ p Foto:WRWagner/Pixelio.de Hopfen & Malz12 p

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