| 7 führt aber auch zu Rückforderungsprozessen der Neumieter, zu denen die „Mietpreisbremse“ ausdrücklich auffordert. Zugleich entsteht ein paralleler Wohnungsmarkt auf Untermietebene mit entsprechender Unübersichtlichkeit für die Behörden. Die Anfra- gen der Berliner Polizei bei Vermietern nach dem Bewohnerbe- stand werden häufiger. Seit November 2016 müssen Vermieter „Wohnungsgeberbescheinigungen“ ausstellen. Im Gegenzug kön- nen sie objektbezogene Anfragen an die Einwohnermeldeämter stellen, sodass polizeilich gemeldete, dem Vermieter aber nicht be- kannte Untermieter nun auffliegen, was Streit im Dreiecksverhält- nis bewirkt. Zusätzlicher Druck entsteht durch das Wohnbedürfnis der großen Flüchtlingszahlen, die zwar weitgehend aus der Presse, nicht aber aus dem Wohnbedarf verschwunden sind. Neubau braucht Rechts- sicherheit. Aber wer kann garantieren, dass die nächste „Mietpreis- bremse“ nicht an ein Baualter anknüpft, das aus heutiger Sicht noch in der Zukunft liegt? Angesichts dessen könnte man Ausweich- bewegungen auf Eigentumswohnungen er- warten. Dieser Prozess ist aus unserer Sicht aber wohl im Wesentlichen abgeschlossen, und wer eine eigene Immobilie finanzieren konnte, hat das inzwischen getan. Auch hier spielt der Preis eine maßgebliche Rolle. Die anhaltend niedrigen Zinsen haben die nomi- nellen Preise für Anlagegüter wie Unterneh- mensanteile und Immobilien massiv getrie- ben.3 Kaufpreise liegen gegenwärtig um den Faktor 2,6 höher als zu „normalen“ Zeiten. Allerdings sind die Einkommen und damit die Kreditwürdigkeit nicht im gleichen Verhältnis gestiegen, sodass es nicht genauso leicht ist, heute einen Kredit über 1,33 Millionen Euro zu bekommen wie zuvor über 500.000 Euro. Hinzu kommen die seit einigen Jahren verdoppelten Grund- erwerbsteuern (in Berlin vor 1998 zwei Prozent, seit 1998 3,5 Pro- zent, seit 2007 4,5 Prozent, seit 2012 fünf Prozent und seit 2014 bis aktuell sechs Prozent). Ein verdoppelter Kaufpreis und ein ver- doppelter Grunderwerbsteuersatz bedeuten eine vervierfachte Steuerzahlung – für die gleiche Wohnung, wohlgemerkt. Zugleich ist das Finanzierungsrisiko massiv erhöht, denn bei einer Norma- lisierung des Zinsniveaus steigt die Monatsbelastung im vorge- nannten Verhältnis. 3 Die monatliche Belastung eines Kredits über 500.000 Euro aus vier Prozent Til- gung und sechs Prozent Zins ist identisch mit der monatlichen Belastung eines Kredits über eine Million Euro aus der gleichen Tilgung, aber nur ein Prozent Zins. Bei zwei Prozent Tilgung ist der Effekt noch erheblich stärker: Hier ent- spricht ein Kredit über 500.000 bei sechs Prozent Zins in der laufenden Liquidi- tätsbelastung einem Kredit über 1,33 Millionen bei ein Prozent Zins. Für die normale Bevölkerung wird der Kauf einer Eigentums- wohnung damit unerschwinglich oder zumindest unüberschaubar riskant. In Betracht kommen nur solche Angebote, die an einem Mangel leiden, wie beispielsweise einem Mietvertrag, der eine so niedrige Miete generiert, dass die Wohnung als Kapitalanlage unverkäuflich ist. Das führt dazu, dass schlecht vermietete Woh- nungen vermehrt von Interessenten gekauft werden, die selbst nutzen wollen und so schnell wie möglich die Mieter wegen Ei- genbedarfs kündigen. Das trifft in der Regel alteingesessene, ver- wurzelte Mieter, denn nur diese zahlen so niedrige Mieten, dass es eine Kaufpreisabsenkung der Wohnung im Vergleich zum üb- rigen Markt bewirkt. Für Mieter wie für Vermieter geht es im an- schließenden Streit um die Existenz: Der Mieter stellt fest, dass er eine vergleichbare Wohnung nur zum dreifachen Mietpreis findet, was er sich in der Regel nicht leisten kann. Der Vermieter dagegen zahlt drauf, so lange er nicht selbst einziehen kann, weil die Mie- te die laufenden Kosten nebst Kredit nicht deckt. Die Bezirke reagieren mit verstärkter Ausweisung von „Milieuschutzgebieten“, was Aufteilungen, also die Entstehung zu- sätzlicher Eigentumswohnungen, verhindert – also sicherstellt, dass das Angebot knapp bleibt. Verstärkter Neubau könnte die Lösung sein. Dafür bräuchte die Privatwirtschaft al- lerdings Bauland und langfristige Rechts- sicherheit. Das Mietrechtsnovellierungsgesetz gilt auf fünf Jahre für Wohnungen, die vor Oktober 2014 bezugsfertig wurden. Wer kann glaubhaft garantieren, dass nach Ablauf des Zeitraums nicht die nächste „Mietpreisbremse“ erlassen wird, die an ein Baualter anknüpft, das aus heutiger Sicht noch in der Zukunft liegt? Das Vertrauen ist verspielt, der privat finanzierte Bau von Miethäusern aktuell sehr zurückhaltend. Die fast tägliche Vermieterschelte – beispielsweise in der „Berliner Zeitung“ – tut ihr übriges. Im Ergebnis meinen wir, dass die rechtlichen Änderungen der letzten Jahre Vermieter und Mieter gegeneinander in Stellung ge- bracht haben wie schon lange nicht mehr. Der Kampfgeist ist auf beiden Seiten hoch, eine Besserung derzeit nicht in Sicht. |