26 | 96 felder, 30 wohnungen pro feld führen zu einem bedarf von 2.880 datensätzen. berlin hat zum stand 31.12.2015 einen woh- nungsbestand von 1.902.675 wohnungen.12 2.880 werte sind 0,15 prozent davon. dieser verschwindend geringe bruchteil soll ausreichend sein, um in qualifizierter weise, also mit gutachten oder sonstigen mitteln vor gericht nicht mehr angreifbar, fest- zuschreiben, wie die „ortsübliche vergleichsmiete“ im jeweiligen einzelfall genau ist? mich überzeugt das nicht. anders wäre es möglicherweise, wenn statt eines berlinweiten mietspiegels einzelne bezirksmietspiegel erstellt würden, die die jeweiligen besonderheiten vor ort berücksichtigen und auch ei- nen größeren anteil an wohnungen einbeziehen, gemessen am gesamtwohnungsbestand des bezirks. stellungnahme das system der „ortsüblichen vergleichsmiete“ funktioniert in der jetzigen und erst recht in der geplanten künftigen ausgestal- tung nicht mehr. die eingriffe in das eigentum werden zu weitge- hend, wenn sowohl die neuvermietung als auch die bestandsver- änderung historischen durchschnittsmieten unterworfen werden, welche ihrerseits nicht nach (damals) aktuellen marktsätzen er- mittelt wurden. die lebenswirklichkeit und die gesetzliche lage koppeln sich immer offensichtlicher voneinander ab, die akzep- tanz des mietspiegels in der bevölkerung schwindet, natürliche anpassungen bleiben aus. wenn es keinen preislichen unter- schied macht, ob die wohnung zentral oder am stadtrand liegt, entsteht zentral erheblicher wohnungsnotstand, bevölkerungs- teile werden gezwungen zu pendeln, der preis als instrument des ausgleichs zwischen angebot und nachfrage ist außer kraft ge- setzt. dadurch werden weitere regulatorische eingriffe nötig. all das ist so umständlich, streitanfällig und praxisfremd geworden, dass es einer grundlegenden erneuerung bedarf. zum beispiel könnte man einfach das verbot einer laufzeitbe- grenzung bei wohnraummietverträgen zusammen mit der miet- preisbremse und dem vergleichsmietensystem abschaffen. wenn vermieter und mieter die möglichkeit haben, einen mietvertrag auf eine festgelegte zeit zu befristen, sodass er bei ablauf dieser zeit endet, dann braucht man weder mietspiegel noch „ortsüb- liche vergleichsmieten“. es reicht, je nach laufzeit, eine anpas- sung an einen lebenshaltungskostenindex oder an einen rechne- risch einfachen prozentualen wert. am ende der laufzeit kann die miete neu verhandelt werden oder die wohnung wird frei am markt neu angeboten. das ist nicht neoliberal oder mieter- feindlich, sondern genau das, was unsere europäischen nachbarn ringsum tun, und sie fahren sehr gut damit.13 überhaupt ist nicht ohne weiteres verständlich, warum miet- preise reguliert werden müssen. eine preisexplosion bei völliger freigabe wäre allenfalls in bestimmten lagen wie beispielsweise berlin-mitte zu erwarten. sie hätte zur folge, dass alle, die sich 12 www.statistik-berlin-brandenburg.de/pms/2016/16-07-19a.pdf 13 vgl. ge 2016, 1235 ff. das nicht leisten können oder wollen, in weniger teure lagen um- ziehen mit der folge, dass der preisdruck in mitte ebenfalls nach- lässt. denn es sind dann wieder wohnungen auf dem markt, die jetzt nicht auf dem markt sind. die wohnungsknappheit, welche ja als begründung für die mietpreisbremse herangezogen wird, würde sich auf natürliche weise erledigen. zugleich wäre zu erwarten, dass weniger begehrte lagen am stadtrand und auch in der innenstadt neu belebt werden. natür- lich wollen alle in mitte wohnen, wenn eine 1960er-jahre-woh- nung dort genauso teuer ist wie in lichtenberg, aber das geht nun einmal nicht. es staatlich vorzuschreiben bedeutet, dass diejeni- gen, die dort heute schon wohnen, gegenüber denjenigen be- günstigt werden, die dort hinziehen wollen, aber keine wohnung finden. was ist daran gerechter als eine zuteilung über den preis- mechanismus? der „verdrängte“ mieter muss nicht mehr zahlen als vorher, son- dern nur bereit sein, in lagen zu ziehen, die (momentan) weniger begehrt sind. dass es nicht an bezahlbarem wohnraum mangelt, sondern an der bereitschaft, ohne exklusives gehalt in nichtex- klusiven lagen zu wohnen, erlebe ich häufiger in räumungspro- zessen gegen mietschuldner. es werden grundsätzlich räumungs- schutzanträge gestellt mit der begründung, man finde keine neue wohnung. zum beleg werden wohnungsgesuche vorge- legt für mitte, prenzlauer berg, charlottenburg, wilmersdorf, zum 2005er-preis einer wohnung in neukölln. würde man den preis- mechanismus wieder in kraft setzen, erhielten nicht so begehr- te lagen neue impulse. sowohl die ghettoisierung von reichen im zentrum als auch die ghettoisierung von armen in schlechten stadtteilen dürfte sich dadurch am ende auflösen. möchte man nicht so weit gehen, sollte unser ziel als interessen- verband sein, die regulierung des eigentums zumindest so weit als möglich zu beschränken. es sollte möglich sein, den abstand zwi- schen neuvermietungspreis und mietspiegelniveau auch im laufe des mietverhältnisses zu halten. mietspiegel sollten nicht histori- sche werte ausweisen, sondern aktuelle marktwerte – in zeiten des internets ist es technisch wie organisatorisch nicht unmöglich, einigermaßen zeitnahe werte in ausreichender anzahl zu sam- meln oder möglicherweise sogar automatisiert abzurufen. miet- spiegel sollten, auch wenn sie als qualifiziert gelten, durch gut- achten oder andere mieten im gleichen haus widerlegbar sein, um den staatlichen einfluss auf die betrachtung der realität zu beschränken. die kriterien der mietspiegel sollten von politischer lenkungswirkung absehen und sich auf diejenigen umstände be- schränken, welche mietzinsrelevant sind. tatsächlich finanziell re- levante umstände wie zum beispiel schönheitsreparaturverpflich- tungen sollten mit berücksichtigt werden. die beweislast sollte umgekehrt werden: nicht der vermieter sollte darlegen und be- weisen müssen, dass sein erhöhungsverlangen die mietspiegel- miete (plus neuvermietungsabstand) nicht übersteigt, sondern der mieter sollte darlegen und nachweisen müssen, dass das, was der vermieter verlangt, über den zulässigen wert hinausgeht. | > fortsetzung: historischer durchschnitt statt ortsüblicher vergleich