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Haus & Grund Berlin: Informationen und Standpunkte

| 17 Deshalb ist „Monopoly“ nicht unbedingt das typische Metro- polenspiel. Es bringt keinen großen Zugewinn, wenn man ande- re verdrängt. Ballungsräume sind per se nicht exklusiv. Das mag an einzelnen, besonders anziehenden Punkten des Stadtplans der Fall sein, aber nicht flächendeckend. So betreffen auch die drasti- schen Mieterhöhungen der letzten Jahre, wenn man genauer hin- schaut, vor allem einzelne bevorzugte Gebiete und Wohnungsarten. Darun- ter ist auch die alte Mitte vieler Städte. Aber die Zentralität der modernen Me- tropolregionen ist nicht mit der „Mit- te“ identisch. Ihre Einrichtungen wie Gewerbezentren, Flughäfen, Behörden, Ministerien, Universitäten, Stadtparks, Theater oder Arenen sind auf verschie- dene, oft weit entfernte Areale ver- teilt. Man findet zahlreiche Bezirke mit eigenem Stadtcharakter. Diese Mehr- fach-Zentralität entlastet bei den Mie- ten, während schnelle Verkehrswege für Bahn und Auto dafür sorgen, dass die bündelnde Kraft der Metro- pole für alle nutzbar bleibt. Ein Umzug nach außen bedeutet so nicht das Aus. Nicht in der Stadtmitte entscheidet sich also die De- mokratie, sondern in der Gesamtanlage der Stadt. Der neue Wachstumsschub der Ballungsräume erfordert daher eine entschiedene Baupolitik, die großzügig denkt. Tatsächlich ist heute in Europa – Barcelona, London, Paris sind Beispiele – ein ur- baner Weiterbau zu erkennen, der dem Stadtganzen neue äuße- re Stützpunkte und damit neue Luft verschafft. Freilich muss sie die Traditionen der gewachsenen Stadt aufnehmen und darf keine seelenlosen Trabantenstädte errichten. Wer hingegen versucht, das Problem steigender Mieten mit ei- ner Preisbremse zu regeln, nährt falsche Hoffnungen auf ein In- nehalten der Stadtentwicklung. Er verschläft und verzögert den Weiterbau. Und es ist ja noch eine zweite Bremse im Gespräch – das generelle Tempo 30 in Großstädten. Diese Maßnahme wür- de den Bewohnern der Außenbereiche das Leben schwer machen und den Zusammenhalt der Metropolre- gionen schwer beschädigen. Dann wür- de tatsächlich alles in die Mitte drängen und dort den Preisdruck erhöhen. Die Philosophie des Bremsens – die Doppelbremse bei Mieten und Ge- schwindigkeiten – macht die Großstadt in Deutschland nicht menschlicher. Sie macht sie zur geschlossenen Veranstal- tung, bei der viele vor der Tür bleiben. Der Weiterbau unserer Städte war lan- ge Zeit kein Thema ersten Ranges. Jetzt zeigt sich, wie sehr es die Menschen be- rührt und wie wichtig es hier ist, Entscheidungen nicht vor sich her zu schieben. Die Politik wird hier ein Vorwärts wagen müssen. Sie braucht Mut zur Metropole. | foto:Marbot/CC-BY-SA3.0 Als Experte im Bereich der Stadt- entwicklung wendet sich der Sozial- wissenschaftler Dr. Gerd Held gegen eine Politik der Mietpreisbindungen und Wachstumsskepsis in den großen Städten. Sein hier veröffent- lichtes Essay erschien auch in der Tageszeitung „Die Welt“.

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