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Haus & Grund Berlin: Informationen und Standpunkte - Mietpreisbremse statt Weiterbau?

16 | In Deutschland sind die größten Städte begehrt wie lange nicht mehr und das Einzige, was Regierung und Opposition dazu ein- fällt, ist eine „Mietpreisbremse“. Das klingt zwar auf den ersten Blick verbraucherfreundlich, aber die Zuzugsbewegung ist viel zu mächtig, als dass eine Preisregulierung da helfen würde. Die „Bremse“ ist eine jener sozialpolitischen Beschwichtigungsfor- meln, die man überall anwenden kann, ohne sich näher auf die Sache einzulassen. Es wird gar nicht geklärt, was gegenwärtig in den Metropolregionen – so der Fachbe- griff – geschieht, und es wird den Men- schen nicht erklärt, wie ihr Stadtplan in Zukunft aussehen könnte. Vor allem enthält die „Mietpreisbrem- se“ im Grunde schon eine Negativbot- schaft: Das Wachstum der Metropolen sei gefährlich, man müsse der Entwick- lung mit Misstrauen begegnen und ge- gensteuern. Dass die Attraktivität der großen Städte etwas Positives hat und dass man ihren neuen Schwung kon- struktiv nach vorne gestalten kann, wird gar nicht mehr in Betracht gezogen. Den Vogel schießt dabei Ber- lin ab, wo inzwischen jede neue Investition unter dem Verdacht der „Gentrifizierung“ steht, soll heißen: Sie trägt zur Vertreibung der Normalbürger durch die Reichen bei. Was geschieht gegenwärtig in den Ballungsräumen wie Ham- burg, München, Frankfurt oder Berlin? Bisher galten diese Zentren nicht unbedingt als Schlüsselgebiete für die Entwicklung Deutsch- lands. Unser Land suchte seine urbane Identität eher in einem breiten Mittelbau kleiner Großstädte und großer Kleinstädte. Die- ser Mittelbau schien besser zur Bescheidenheit und äußerlichen Unauffälligkeit der Bonner Republik zu passen. Gewiss ist er nach wie vor ein wichtiger Teil unseres Siedlungssystems, aber der neue Trend richtet sich doch spürbar auf einen höheren Städterang. Mietpreisbremse statt Weiterbau? Nach den Großprojekten werden jetzt die Mieten zum großstädtischen Konfliktthema. Da hilft keine Beschwichtigung, sondern nur eine großzügige Baupolitik. Die Politik muss nach vorne schauen und mehr Mut zur Metropole beweisen. Dr. Gerd Held, freiberuflicher Publizist, Privatdozent Institut für Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin Diese (Wieder-)Entdeckung der Metropolen fällt nicht zufällig in eine Zeit, in der Deutschland in eine exponierte Rolle in Europa ge- rät. Einige Städte treten aus dem Schatten der Durchschnittlich- keit heraus, und es ist wohl unvermeidlich, dass diese Entwicklung auf Ängste und Ressentiments stößt. Verbreitet ist die Vorstel- lung, dass die neue Zentralität nur dem Prestigestreben und Luxus einiger Weniger Vorschub leistet. Das führt dazu, dass konkrete Sorgen wegen eines größeren Bauvorhabens oder wegen Mieter- höhungen in einem Stadtquartier sich sofort zu einem Großkonflikt steigern. Doch liegt der Vorstellung ein Missver- ständnis zu Grunde: Metropolen sollen eine „Veranstaltung des Überflusses“ sein. Ein Übermut der Reichen soll hier Pate stehen, eine Spielerei der Mäch- tigen. In modernen Zeiten ist es aller- dings genau andersherum: Es ist eine Knappheit, die Menschen – aus ganz un- terschiedlichen sozialen Schichten – dazu veranlasst, sich auf einen Ballungsraum einzulassen. Knapp sind die Mittel der Menschen – ihr Einfluss, ihr Wissen, ihre Zeit –, um der moder- nen Vielfalt und Wechselhaftigkeit des Wirtschaftslebens, der po- litischen Entscheidungen und kulturellen Reize folgen zu können. Auf diese Knappheit antwortet die Metropole. Ihre räumliche Konzentration liefert einen Umkreis von Möglichkeiten, der auf Vorrat und Zufall zur Verfügung steht. Von den Menschen, die heute in die Ballungsräume ziehen, haben viele nicht nur einen bestimmten Arbeitsplatz im Auge oder wollen mit einem gelieb- ten Menschen zusammenziehen. Ihre Überlegung ist genereller: Wie viele erreichbare Möglichkeiten habe ich, ohne ständig den Wohnort zu wechseln? Es gibt also ein „Paradox der Metropole“: Sie erscheint als ein übervoller Gabenteller, aber sie ist räumlich sehr knapp gehalten. Die bündelnde Kraft der Agglomeration ist ihr eigentlicher Trumpf. Sie wird von Menschen geschätzt, die sich ihrer begrenzten Fähigkeiten bewusst sind. foto:zvg.

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