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Haus & Grund Berlin: Informationen und Standpunkte - Die Mietenlüge

12 | Das Thema Miethöhen ist – ich zitiere das Nachrichtenmaga- zin „Der Spiegel“ – „emotionsbeladen, sachlich verzwickt, hervorragend geeignet für grobe Vereinfachungen.“ Ja, Sie lesen richtig: das stand genauso im „Spiegel“ vom 17. Januar 1983, der in der 9. Legislaturperiode erschien! Heute – wir schreiben das Jahr 2015 und befinden uns in der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages – ist es nicht an- ders: Interessenvertreter der Mieter beschwören mit Verve die flä- chendeckende Verdrängung der Bestandsmieter aus preiswertem Wohnraum und verteidigen das Mietrechtsnovellierungsgesetzes (MietNovG, „Mietpreisbremse“) als das alleinige Mittel, das die sogenannte Gentrifizierung verhindern kann. Mehr noch, es wer- den bereits Verschärfungen gefordert, weil die geplanten Instru- mente angeblich nicht ausreichen. Interessanterweise hat sich die Argumentation für die Einfüh- rung der sogenannten Mietpreisbremse im Zuge der Formulie- rung des Gesetzes deutlich gewandelt: Wurden im Bundestags- wahlkampf und in den ersten Monaten nach Veröffentlichung des Koalitionsvertrags stark steigende Mieten als Ursache für die Ver- drängung von Bestandsmietern aus ihren Bestandsmietverhältnis- sen angegeben, werden seit geraumer Zeit vor allem in Berlin die Höhen von Angebotsmieten als Begründung für die Einführung einer Mietpreisbremse angebracht. Dass sich die Argumente der Befürworter für die Einführung ei- ner Mietpreisbremse ändern mussten, nein, das wundert nicht: Zum einen gab es bereits vor der Verabschiedung des Mietrechts- novellierungsgesetzes (MietNovG) zahlreiche gesetzliche Bestim- mungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die die Erhöhung von Mieten in Bestandsmietverhältnissen stark regle- mentieren. Zum anderen hilft da auch einfach mal ein Blick in den Berliner Mietspiegel 2013: Dieser weist eben nicht die beschworene starke, sondern allenfalls eine moderate Steigerung der Mieten aus. Und die absolute Höhe der Mieten ist für eine Metropole noch immer ausgesprochen niedrig: Laut diesem Mietspiegel liegt die durch- schnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter in Berlin bei 5,54 Euro. Als niedrigste Miete weist er 3,92 Euro aus (einfache Wohn- lage, Ostteile der Stadt, bezugsfertig zwischen 1973 und 1990, Wohnungsgröße 90 Quadratmeter und größer, unterer Schwel- lenwert). Dieser Wert kann unter bestimmten Bedingungen sogar noch unterschritten werden. Der höchste Wert in der Tabelle des Berliner Mietspiegels 2013 liegt bei 10,55 Euro (gute Wohnlage, bezugsfertig 1991 bis 2002, Wohnungsgröße 90 qm und größer, oberer Schwellenwert). Nur, wenn sich eine Wohnung nach Stra- ßenverzeichnis in einer guten Wohnlage befindet, zwischen dem 1. Januar 2003 und dem 31. Dezember 2011 bezugsfertig war, sowie in einem ausgezeichneten Zustand und größer als 90 Quadratme- ter ist, können 12,02 Euro netto/kalt/qm in einem Bestandsmiet- verhältnis erreicht werden. Allein eine gedankliche Plausibilitätsprüfung der Mietspiegelta- belle des Berliner Mietspiegels 2013 verdeutlicht, dass sich eine durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter in Höhe von 5,54 Euro nur dann ergeben kann, wenn die Zahl der niedrigprei- sigen Mietwohnungen die der hochpreisigen Wohnungen unver- hältnismäßig hoch übersteigt. Und sicher ist auch, dass das Gros des Berliner Mietwohnraumes nicht nach dem 31. Dezember 1990 errichtet wurde. Pro Mietpreisbremse anhand „angepasster“ Argumente Insofern ist es nachvollziehbar, wenn die Argumente für eine Mietpreisbremse – gerade für Berlin – „angepasst“ wurden. Auf diese veränderte Argumentation wurde ich erstmals auf ei- ner Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung aufmerksam, die im Sommer 2014 stattfand. Einer der Referenten war der Sozialwis- senschaftler Dr. Andrej Holm, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Humboldt Universität zu Berlin. Die wesentliche Aussage seines Vortrages mit Präsentation war, dass für alle Bestandsbewohner im gesamten Berliner Mietwohnungsbestand eine Verdrängungs- gefahr bestehe. Dieses Fazit hat er auf der Grundlage einer Aufli- stung von Angebotsmieten aus Wohnungsangebotsportalen zu- grundegelegt. Die Mietenlüge Warum Berlin die Mietpreisbremse braucht? Befürworter kommen bei dieser Frage in Begründungsnöte und argumentieren mit zweifelhaften Begründungen. Bei genauer Betrachtung hält die These der „Gentrifizierung“ aufgrund zu hoher Mieten einem Faktencheck nicht stand. Annette Beccard, Mitglied Gesamtvorstand Haus & Grund Berlin foto:zvg.

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