26 Wie sah das Leben vor rund 150 Jahren in einer Anstalt wie dem Christophsbad aus? Aus heutiger Sicht muten die damaligen Krankheitsbe- zeichnungen befremdlich an: Melan- cholie, Tobsucht, Wahnsinn, Partieller Verrücktheit und Blödsinn. Die Behandlungsmöglichkeiten be- schränktensichweitgehendaufdiethe- rapeutischen Möglichkeiten Landerers und seiner Kollegen. Besonderer Wert wurde auf die individuelle Betreuung der Kranken durch den Arzt, aber auch auf Beschäftigungs- und Milieutherapie gelegt. Zusätzlich versuchte man, die vorhandenen Badeeinrichtungen zur Genesung der Patienten zu nutzen. So galten lauwarme Bäder von mehr- stündiger Dauer als wertvolles Beru- higungsmittel und das Sauerwasser wirkte sich bei chronischem Magen- katarr von Alkoholikern positiv aus. Medikamente kamen nur in einge- schränktem Maß zur Anwendung – meist handelte es sich um Abführmittel oder Narkotika wie Opium und Morphi- um. Den Einsatz von Zwangsmitteln be- schränktemanaufein„unvermeidliches Minimum“, ganz vermieden werden konnte er aber nicht. Neben den direkten medizinischen Maßnahmen spielten Milieutherapie und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Patienten eine wichtige Rolle im Behandlungssystem des Christophs- bads. Die Herstellung einer positiven Atmosphäre innerhalb der Anstalt lag Therapie, Leben und Arbeit Heinrich Landerer und seinen Kollegen besonders am Herzen und wurde auch durch seine persönliche tiefe Religiosi- tät geprägt. Jeder Tag begann mit einer Morgenandacht, sonntags wurde im Betsaal der Anstalt eine Messe gefeiert. Besuche durch die Seelsorger der Kon- fessionen, darunter auch der jüdischen, waren jederzeit möglich. Zur Gestaltung der Freizeit bot man den Kranken Spaziergänge, Ausflüge in die ländliche Umgebung, musikalische Be- tätigung oder gemeinschaftlichen Ge- sang an. Für die weiblichen Patienten waren die beliebten Kaffee- oder Tee- Visiten gedacht, die Männer konnten im Sommer eine Gartenkegelbahn benut- zen und im Winter sich mit Billard oder Brettspielen unterhalten. Für die geistige Beschäftigung standen eine Bibliothek sowie Tageszeitungen und Illustrierte zur Verfügung. Ein Haus-